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Keine dicke Lippe riskieren – Adrenalin i.m.

Björn Hossfeld |

Anaphylaxien können in dramatischer Weise die Atemwege beeinträchtigen oder gar verlegen. Dabei ist die Schwellung der Lippen oft nur ein äußeres Anzeichen. In der Pharmakotherapie der Anaphylaxie ist Adrenalin von zentraler Bedeutung. Antihistaminika (H1-Antagonisten) werden bei leichten Reaktionen, Glukokortikosteroide zur Verhinderung von Spätphasenreaktionen eingesetzt.

Der einfachste und schnellste Applikationsweg im Notfall ist die intramuskuläre Injektion.

Nach einer informativen Arbeit im Deutschen Ärzteblatt besteht Konsens, dass Adrenalin in der Anaphylaxiebehandlung wirksam ist, auch wenn im Sinne der evidenzbasierten Medizin placebokontrollierte prospektive Studien fehlen, die ethisch auch nicht vertretbar wären.

 

Ring J et al. 

Adrenalin in der Akutbehandlung der Anaphylaxie. 

Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 528–34 (PDF

 

Der Wirkmechanismus dieses Stresshormons kann wie folgt zusammengefasst werden:

  • Stimulation von Alpha- und Betarezeptoren
  • Antagonisierung wesentliche pathogenetischer Mechanismen, die an der Entstehung und Ausprägung einer Anaphylaxie beteiligt sind:
    • Hypovolämie durch periphere Vasodilatation und Versacken von Volumen im Gewebe
    • Ateminsuffizienz durch Bronchokonstriktion oder Schleimhautödem im Bereich der oberen Luftwege
    • Herzversagen durch die negativ inotrope Wirkung

Leider setzt sich die intramuskuläre Adrenalin-Applikation in Deutschland nur langsam durch; selbst bei schweren Reaktionen (Grad III und IV) wird Adrenalin nur in 20 % der Fälle als Erstmaßnahme i.m. appliziert.

Dabei ist die Dosierung und Applikation in den Oberschenkel (M. vastus lat.) denkbar einfach: 

  • 300 bis 500 μg/Person bei Erwachsenen (5–10 μg/kg Körpergewicht) i.m. (1/3 bis 1/2 Ampulle)
  • Start mit 300  μg,  bei hohem Körpergewicht (> 100 kg) kann mit der Erstdosis von 500 μg i.m. begonnen werden
  • 10 μg/kg Körpergewicht bei Kindern i.m., Start mit 150 μg i.m.