Analgesie durch Notfallsanitäter entlastet Notärzte
Schmerzen sind ein häufiger Alarmierungsgrund für Rettungs- und Notarztdienst. Oft werden wir als Notärzte durch den Rettungsdienst nachgefordert um Analgesie zu veranlassen.
Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2c Notfallsanitätergesetz ist es möglich die Analgesie durch den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) z.B. bei Lumbago oder isoliertem Extremitätentrauma bei ansonsten gesunden Notfallpatienten an die Notfallsanitäter (NotSan) zu delegieren. Für diese „eigenständige“ Analgesie durch NotSan bei Patienten mit isoliertem Extremitätentrauma besteht in Bayern seit 2019 ein klarer Delegationsalgorithmus für die intravenöse Applikation von Piritramid.
Anhand der verpflichtenden digitalen Dokumentation (NidaPad, Fa. medDV GmbH, Fernwald, Deutschland), bei der die Datensätze pseudonymisiert (ohne Rückschlüsse auf den Patienten oder die RTW-Besatzung) ausgewertet werden können, wurden nun durch eine Arbeitsgruppe bayerischer ÄLRD für einen Beobachtungszeitraum von zwei Jahren Einsätze ausgewertet, bei denen der Delegationsalgorithmus „Isolierte Extremitätenverletzung“ eingesetzt wurde.
Dittmar MS, Kneißl K, Schlickeisen J. et al.
Eigenständige Analgesie mit Piritramid durch Notfallsanitäter – retrospektive Auswertung der elektronischen Einsatzdokumentation.
Notfall Rettungsmed (2023) – open Access
Evaluiert wurden der Effekt auf die Schmerzintensität nach der Numeric Rating Scale (NRS) und dem Vorliegen nicht tolerabler Schmerzen, Auswirkungen auf die Vitalfunktionen sowie die Notwendigkeit von bestimmten weitergehenden Interventionen.
Es konnten 6097 Fälle einer „eigenständigen“ Analgesie durch NotSan gemäß des Delegationsalgorithmus eingeschlossen werden. Die Schmerzintensität der Patienten nach der NRS konnte von im Median 7 (Interquartilsabstand [IQR] 2) auf 3 (IQR 2, p< 0,001) signifikant gesenkt und in 96,9% ein aus Patientensicht tolerables Niveau erreicht werden. In 9,4% der Fälle wurde ein Notarzt nachgefordert, welcher in 5,0% eine ergänzende Analgesie verabreichte. Etwa jeder zehnte Patient erhielt Sauerstoff. Atemwegsinterventionen waren in wenigen Einzelfällen notwendig.
Die Autoren schließen aus den Ergebnissen, dass eine vom ÄLRD delegierte und von NotSan eigenständig durchgeführte Opiatgabe das Schmerzniveau relevant senken kann, ohne wesentliche Hinweise auf eine Patientengefährdung. Allein in Bayern konnten durch dieses Verfahren jährlich ca. 2.500 Notarzteinsätze vermieden werden. Das bedeutet für den einzelnen Notarztstandort eine Entlastung um etwa zehn Einsätze pro Monat, in denen der Notarzt für andere vital bedrohliche Indikationen zur Verfügung steht.